Best of… Februar 2009

In jedem Sport, in jeder gesellschaftlichen Rubrik, für jedes Verhalten, Gefühl und jede Eigenschaft gibt es gewisse Grundregeln. Regeln, die einfach historisch gewachsen sind und Selbstverständlichkeiten aus Erfahrungswerten ableiten. Kenny McCormick stirbt in jeder Southpark-Folge. Ein zerbrochener Spiegel bringt Unglück. Rindfleisch sollte man erst nach dem Braten würzen. Das Spiel hat 90 Minuten und am Ende gewinnt Deutschland.
Bullshit.
Ein Pay-Per-View hat 180 Minuten und am Ende gewinnt Edge. No Way Out setzt Weichen, schreibt die Road to WrestleMania aber nicht neu. Scotty Goldman ist der talentierteste Mann des Rosters. Nur drei Beispiele, für unendliche Regeln des Sports-Entertainment, die im 2009er Februar teilweise neu geschrieben wurden, teilweise aber auch mächtig widerlegt wurden. Genau diese Widerlegung, das ist es, was man gemein hin „Überraschung“ tauft – ja Mensch, und wenn der Februar nicht überraschend war, dann… ach, was weiß denn ich. Dass er es war, ist elementarer Bestandteil der nun folgenden Ausgabe, Best of Februar 2009:


Beste Storylines und Fehden
1. Das No-Way-Out-Szenario
2. Der JBL/HBK/Undertaker-Brückenschlag
3. Captain Charisma goes Extreme

„Verdammt!“ – das und nichts anderes ist vermutlich jedem durch den Schädel geschossen, als er direkt nach dem Intro-Video zum No-Way-Out-PPV von einem Glockenschlag begrüßt wurde. Der unumstrittene Main Event, der Kampf von 6 der größten aktuellen WWE-Stars in einem der spektakulärsten Gimmickmatches der Company, bei dem es um den wichtigsten Titel der Liga ging – war Opener der Show. What the,,, ? Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, noch während des Einmarsch des Deadman wurde mir eines bewusst: Darüber was der Main Event ist, entscheidet in der Regel entweder A) der bessere Aufbau / die bessere Besetzung eines Matches oder B) der Impact, den man im Matchverlauf präsentieren will. Aufbau und Besetzung standen im Smackdown / RAW Vergleich ungefähr in dem Verhältnis wie der sensationelle Keinohrhase zum schüttelfrosterregenden "Mord ist mein Geschäft, Liebling“. Es musste also Variante B sein. Ich war mir sicher. Langsam begann der Opener und gleich zu Beginn bekam es der Champ Edge mit dem Ex-Champ Jeff Hardy zu tun. Drei Minuten später war der World Champ ausgeschieden, noch bevor 80% seiner Herausforderer überhaupt das Match betreten hatten und ich dachte… Alter! Was, um alles in der Welt soll dann bitte Variante B sein? Das Match ging weiter und unterhielt jede einzelne Sekunde. Der Showdown war schließlich das Aufeinandertreffen von The Undertaker und Triple H – sprich: die so ziemlich größten Stars des Unternehmens machten den WWE Title unter sich aus. Im Opener. Variante B? Waas? Was um alles in der Welt, sollte denn bitte im Main Event passieren, das DAS alles in den Schatten stellt? Triple H wurde Champion, was jedoch irgendwie in der Verwirrung unterging. Für mich setzte ich den erste WrestleMania Haken hinter Triple H vs. Randy Orton und mein Gehirn stand kurz vor der Explosion. Der einzige mögliche Ausweg, den ich sah, war, dass man Orton vs. Shane McMahon zum Main Event der Show machen würde, als just in diesem Moment jedoch die Musik des Legend Killers ertönte und der Semi-Main-Event Match 2 auf der Card war. Jack Swagger und Finlay gaben mir schließlich ein wenig Zeit zum Grübeln. Es folgten JBL und Shawn Michaels und endgültig stand nun fest, dass die Job Squad 2009 im Main Event stehen würde. Der Druck in meinem Kopf erhöhte sich zunehmend und folglich wirkte es wie ein geöffnetes Ventil an meinem Schädel, als Edge während Kofi Kingstons Entrance den Zungenkuss des selbigen mit der Ringtreppe initiierte und plötzlich in seinem zweiten Elimination Chamber Match an diesem Abend stand. Der Rest ist Geschichte. Und jeder, der No Way Out nicht für den verdammt nochmal besten PPV seit Ewigkeiten bezeichnet, darf sich in eine Reihe stellen mit denjenigen, die abstreiten Will Ferrell sei der lustigste Mann der Welt, Maxïmo Park die beste Band der Welt und The Big Lebowski der verdammt nochmal großartigste Film dieses verdammten Universums.

Los ging der große Traum eigentlich bereits beim Royal Rumble 2007. The Undertaker vs. Shawn Michaels. Erstmals konnte man ein wenig von der Energie schnuppern, die ein Aufeinandertreffen der zwei größten aktiven WWE-Legenden erzeugen könnte. Seit Jahren durch den Rostersplit getrennt, wurde beim ersten Staredown klar, dass es DAS letzte wirklich große Match war, dass uns Vince McMahon bisher in der Moderne noch schuldig war. Der Taker gewann den Rumble und holte sich bei WrestleMania den World Title – in der Midcard, Shawn hingegen bookte man in den Main Event und ließ ihn John Cena zu einem seiner bisher besten Matches ziehen. Ein Jahr später gab es wieder einen Royal Rumble und man führte die Energiebeschallung fort. Nummer 1: The Undertaker. Nummer 2: Shawn Michaels. Gänsehaut. Doch wieder erzeugte man damit „nur“ einen großartigen Moment und einen ungestillten Durst. Dieses Mal gab man dem Undertaker den Main Event Spot, um das Gold zu erringen und Shawn Michaels erhielt die größtmögliche Ehre, die einem Wrestler zu dieser Zeit zuteil werden konnte und absolvierte das „Match of the Year“ im Abschiedsmatch des Ric Flair. Einmal mehr, waren es also HBK und der Deadman, die WrestleMania zu dem globalen Phänomen machten, von dem man immer spricht. Jetzt, 2009, steht das silberne Jubiläum an und alles andere als die größte Wrestlingshow der Geschichte wäre eine pure Enttäuschung. Es gilt also, das Optimum aus dem Kader herauszuholen, Geschichte zu schreiben. Unweigerlich fallen dabei die Namen Shawn Michaels und The Undertaker, doch dieses Mal, ENDLICH, in ein und demselben Match. Doch lange hab ich es einfach nicht kommen sehen. Die Fehde zwischen dem Heartbreak Kid und John „Bradshaw“ Layfield nahm immer mehr Fahrt auf und wurde besser und besser. Michaels büßte dabei jedoch mehr und mehr seiner Unantastbarkeit ein, während Bradshaw immer als eigentlicher Gewinner der Storyline da stand. So langsam musste doch endlich mal die Kurve zum Undertaker gelingen. Beim Royal Rumble wäre die Chance gewesen, aber bis auf einen kurzen Staredown kam da gar nichts. Klar ließ der Staredown hoffen, aber es stand immer noch die Auflösung der HBK/JBL-Fehde aus und zudem schien man auch noch ein Programm mit dem Deadman und ~~The Big Show zu starten. Angst machte sich breit, dass man den größten Joker einfach im Ärmel lassen würde. Doch dann kam No Way Out. Shawn Michaels brachte Musik in JBL’s Kinn und erkaufte sich damit nicht nur Freiheit und Geld, sondern auch das Ende der Fehde mit Layfield. Einen Abend später schaffte man dann den unumgänglichen Brückenschlag, indem sich Bradshaw als Strek-Brecher präsentierte und von Shawn Michaels unterbrochen wurde. Mit Hilfe von Vladimir Kozlov streckt man das Szenario nun noch ein paar weitere Shows – und am Ende haben wir das Match, das WrestleMania 25 alleine headlined: Shawn Michaels vs. The Undertaker – und noch nie, als bekennender HBK-Mark, hab ich mir dermaßen auf eine Niederlage des Heartbreak Kid gefreut, wie auf den 05.04.2009.

WWE ist halt einfach viel zu durchschaubar. Christian vs. Jeff Hardy – das soll WrestleMania sein, das wusste jeder. Oder halt Christian vs. Edge – so ganz sicher war man sich noch nicht. Die Frage war nur, wann und in welcher Form man Captain Charisma denn endlich zurück bringen würde? Die Auflösung erwartete der gemeine Wrestlingfan beim Royal Rumble. Als dann jedoch Matt Hardy anstelle des Instant Classic eingriff, machte sich ein wenig Verwirrung breit. Klar, war Hardy vs. Hardy ne echt krasse Nummer, aber so langsam wurde es doch echt mal Zeit, Christian da offiziell ins Spiel zu bringen. Ah! Klar! Dann war es raus. Matt war gar nicht der Attentäter, sondern wurde von Christian angestiftet… ja, klar, kapiert! Wir bringen Jeff also gegen Matt bis No Way Out und wenn alle den guten Christian vergessen haben, kommt er urplötzlich und steigt doch noch in sein WrestleMania-Programm mit Jeff Hardy ein. Oder tatsächlich doch gegen Edge? Boah, ne – vielleicht stecken ja sogar Edge und Christian hinter der ganzen Kiste und wir sehen ein TLC Match zwischen Edge & Christian und den Hardyz bei WrestleMania!? Naja, egal wie es kommen würde – es würde klar sein, dass wir das Szenario zumindest schon kennen würden. Halt weil WWE einfach viel zu durchschaubar ist.
Es gibt nur eine einzige Sache, die Christians tatsächliches Comeback dann letzten Endes noch ein bisschen perfekter gemacht hätte, als es ohnehin schon war: Im Ring steht Jack Swagger, er fordert Hornswoggle heraus, plötzlich ertönt Christians Musik, er schreitet auf die Rampe und trägt dabei ein T-Shirt mit der deutlich lesbaren Aufschrift „Fuck You“. Doch auch ohne diese 7 Buchstaben, kreierte World Wrestling Entertainment mit diesem Angle einen unbestrittenen Moment des Jahres. Es war geil.


Schlechteste Storylines und Fehden
1. Mike Knox vs. Rey Mysterio
2. Edge vs. John Cena
3. Finlay vs. Jack Swagger

Natürlich, ist ja logisch und menschlich, natürlich macht man mal Fehler. Das passiert den Besten und wenn sie zu eben jenen gehören, nutzen sie Fehler dazu, noch besser zu werden. Aus ihnen zu lernen. Und – sie vor Allem nicht wieder zu machen. Betrachten wir mal eine Handvoll Fehler des RAW-Booking-Teams des, sagen wir mal, letzten Jahres:
- Sie zogen snitzky zu früh aus der ECW ab, als er noch nicht stark genug war, um seinen Push bei RAW gleichwertig fortzusetzen. Konsequenz: Belanglosigkeit, Entlassung.
- Sie pushten Rey Mysterio in eine Übermachtsposition, bei der er körperlich weit überlegene Kollegen mit unglaubwürdigen Aktionen besiegen durfte. Konsequenz: Aufbau einer Hass-Front.
- Sie steckten Kane in eine Storyline mit dem mexikanischen Springfloh, in der er zunächst glaubwürdig übermächtig dargestellt wurde, dann aber durch konsequentes No-Selling seines Kleinwüchsigen Gegners und die permanent mies gebookten Niederlagen der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Konsequenz: Vollständige Zerstörung des Kane-Charakters.
Ganz unkommentiert nenne ich nun folgenden Schachzug des RAW-Office aus dem Jahre 2009: Man zog Mike Knox aus der ECW ab, leider etwas zu früh, da er noch nicht stark genug war, um seinen Push bei RAW gleichwertig fortzusetzen. Parallel pushte man Rey Mysterio in eine Übermachtsposition, bei der er körperlich weit überlegene Kollegen mit unglaubwürdigen Aktionen besiegen durfte. Schließlich steckten sie Mike Knox in eine Storyline mit dem mexikanischen Springfloh, in der er zunächst glaubwürdig übermächtig dargestellt wurde, dann aber durch konsequentes No-Selling seines Kleinwüchsigen Gegners und die permanent mies gebookten Niederlagen der Lächerlichkeit preisgegeben wurde.
Fehler können passieren, wenn ich doch aber ein Mal feststelle, dass ich mit einer Mütze wie Mark Medlock aussehe – verdammt, dann setz ich sie doch nicht wieder auf!

Am Anfang von No Way Out war Edge WWE Champ und John Cena World Champ. Nach No Way Out trug Triple H den Titel von Edge und Edge den Titel von John Cena. Klar war das irre, klar war das geil. Dass uns das nun aber eine Neuauflage von Cena-vs-Edge bescheren soll, finde ich ungefähr so interessant wie Petersilie. Ich hab es tausendmal gesehen, ich weiß wie es schmeckt. Es ist okay, aber schon lange nicht mehr aufregend – so dass ich es echt nicht mehr in meinem Essen brauche. Natürlich bietet Cena-vs-Edge einen schönen Kontrast zu dem evolutionären Aufeinandertreffen von Orton und Triple H, der Hardy-Fehde oder dem Legendenshowdown Michals/Undertaker. Schließlich treffen hier DIE neuen Stars der letzten Jahre aufeinander. Aber wir hatten das doch schon so oft. Klar gab es auch alle anderen drei genannten Begegnungen schon, aber, Mann, das ist halt was anderes. Nicht jedes Match, auch nicht beim 25jährigen Jubiläum, bei einer WrestleMania muss zwischen zwei der größten Stars stattfinden. Man braucht halt die Eye-Catcher, die die Show besonders machen – muss den Event aber gleichermaßen dafür nutzen, auch eine Zukunft zu kreieren. Das Feiern der Vergangenheit ist geil, der Aufbau der Zukunft jedoch ist ungemein wichtig. Taker vs. HBK, Hardy vs. Hardy, Jericho vs. Legend und HHH vs. Orton – mir reicht das vollkommen aus. Einen Nervtöter wie Cena vs. Edge Part 18 brauch ich nicht noch zusätzlich. Dabei geht es um rein gar nichts – wer gewinnt, ist vollkommen egal. Beide haben den anderen bereits X-Mal besiegt, beide hatten den Titel bereits X-Mal. Warum nicht Edge vs. MVP? Edge vs. CM Punk? Alternativen gäbe es doch genug, vermutlich fast jeder aus dem Money-in-the-Bank-Ladder-Match würde in Frage kommen. Und Schuld an Allem ist nur Batista. Nur weil der sich nicht wie abgesprochen um John Cena kümmert und ihn aus den wichtigen Spots heraushält.

Klar, am Ende wurde ja alles gut. Trotzdem. Als man Finlay erstmals als Herausforderer auf Jack Swagger’s Gürtel präsentierte, war Christian halt noch fest in eine Fehde mit Jeff Hardy involviert und eben noch nicht im ECW Title Rennen. Finlay war schlicht und ergreifend der absolut letzte, den ich in einer Main-Event-Fehde gegen Jack Swagger hätte sehen wollen. The Boogeyman hatte doch einen tollen Aufbau und auch Tommy Dreamer hätte man problemlos in ein kurzes Programm mit dem All-American American schreiben können. Es ging doch eh nur um zwei, drei Wochen Beschäftigungstherapie für Swagger, bis dann halt Christian auftauchen würde. Boogeyman wäre interessant gewesen, mit Dreamer hätte man dessen Abschieds-Story etwas kreativer in Fahrt bringen können. Mit Paul Burchill hätten sich sensationelle Matches ergeben können und selbst mit ~~Ricky Ortiz hätte man die Chance ergriffen, einen fast vergessenen Star mal kurzzeitig wieder ins Rampenlicht zu bringen. Hätte. Hätte liegt im Bette. Man nahm Finlay, den Weg mit dem geringsten Wiederstand. Ein Face, das niemand mag, gegen einen jungen Heel, der noch wachsen muss. Dass sich kaum einer für den No-Way-Out-Kampf interessierte und ihn auf eine Ebene stellte wie die sonstigen Diva-Matches zwischen Sunny und Sable (oder wie die heute alle heißen) – das sagt doch schon alles. So löste Christian einfach Finlay ab und man nutze das Szenario nicht einmal, Finlay derweil in eine andere Geschichte zu booken. Die Krönung war natürlich, dass gerade ihm die Ehre zuteil wurde, Swagger erstmals zu besiegen. Dass er das nicht mal im Ansatz so dringend nötig gehabt hätte wie die Kollegen Boogeyman, Burchill, Dreamer oder Ortiz, lass ich hier mal vollkommen unbegründet stehen und schließe einen ernüchternden Absatz damit ab, dass nun ja – Gott sei Dank – alles, aber auch wirklich alles wieder gut ist bei ECW.

Die Crossbrand-Fehden regieren derzeit die Shows. Orton vs. McMahon punktete für RAW, die Tatsache der Mutation von ECW zur Peep-Show punktete für das ECW/Smackdown-Bundle, sofern es das überhaupt noch gibt. Der Februar war in Sachen Entwicklungen, Spannung und Storylines einfach beispiellos und so geht nicht 1 Punkt an alle Shows – nein, diesen Monat bekommen alle drei Shows satte 2 Punkte.


Beste Gimmicks
1. Chris Jericho
2. Jack Swagger
3. Mike Knox

Eigentlich ist es wirklich schade, dass man Chris Jericho so ad hoc aus dem Titelrennen für WrestleMania nahm, den niemand hätte es aufgrund seiner Entwicklung in den letzten Monaten mehr verdient an der Spitz dieser Card zu stehen, als Chris Jericho. Kurz vor dem Rumble schien man ihn in der berühmten Vince-Kopf-Kick-Szene einfach 1-zu-1 durch Randy Orton auszutauschen und der Grund offenbarte sich sehr schnell: Man plante urplötzlich ein Programm mit Mickie Rourke und Jericho war nun mal sehr offensichtlich die mit Abstand beste Option für ein solches. Dann aber kamen Stimmen auf, Rourke würde den Schwanz einziehen – zunächst aus Angst, deshalb keinen Oscar gewinnen zu können, als sich das erledigt hatte angeblich auf Anraten seines Managements. Die Story hatte man allerdings bereits gestartet und etablierte Chris Jericho als respektlosen Pimpf, der alles und jeden schlecht redete, der im Wrestlingbusiness bisher zu Ruhm und Ehre gelangt ist. Ric Flair, Roddy Piper und Ricky Steamboat sind nur die Namen, mit denen er bisher Woche für Woche sensationelle Promos abliefern konnte. Doch wer wird es am Ende sein? Steve Austin? Hulk Hogan? Oder gar The Rock? Oder doch nur eine Wayne-Variante wie Jerry Lawler? Die Tatsache, dass sich eben alle Welt diese Frage stellt und es momentan außer Diskussion steht, dass Jericho bei WrestleMania 25 jemand Legendärem gegenüberstehen wird, ist doch das einzige was zählt. Jericho wird an diesem Abend Shawn Michaels‘ größter Konkurrent im Showstealing sein und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob er gegen Sgt. Slaughter, Dusty Rhodes, Al Wilson oder William Perry‘s Ernährungsberater antritt.

Es gibt ganz wenige Beispiele für einen jungen Heel, der in der Lage war vom Tage seines ersten Auftritts über einen so kurzen Zeitraum solch eine fantastische Heat zu ernten, wie es Jack Swagger zurzeit vor macht. Swagger ist in kürzester Zeit zum glaubwürdigen Champion geworden und trägt sein Roster, in dem vor sechs Monaten noch niemand auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, wer dieser Typ denn überhaupt ist. Welch Vertrauen man ihm entgegen bringt, beweist ganz aktuell natürlich das Programm mit Christian, aber auch die Tatsache, dass er gegen einen Veteranen wie Finlay alles andere als schlecht ausgesehen hat. Von Jack Swagger werden wir definitiv noch eine ganze Menge sehen und erleben – so viel steht fest. Und ich freu mich drauf. Ich freu mich auf sein Grinsen, in das man reinschlagen möchte, seine „Beleidigte Leberwurst“-Gesicht, wenn mal was nicht so rund läuft und seine Matches, bei denen man ihn jüngst erst vollkommen zu Recht als Kandidaten auf den Posten des „The Next Kurt Angle“ bewarb.

Ja, so ist es. Ich. Mag. Mike. Knox. Und ich finde, dass er das momentan Abgefahrenste ist, was es am Montagabend zu begutachten gibt. Knox ist anders, er ist ein lebender Kontrast und bringt eine Farbe in die Midcard des RAW-Brands, die dieser unglaublich gut tut. Allem Voran sticht natürlich sein außergewöhnlicher Look ins Auge. Irgendwas zwischen Räuber Hotzenplotz und den Blu Twins. Aber eben auch die für seine Statur wirklich guten In-Ring-Skills und die Fähigkeit, Aktionen glaubhaft auszuführen aber auch glaubhaft einzustecken heben ihn maßgeblich von den Snitzkys, Nathan Jones‘ und Heidenreichs der Vergangenheit ab. Gerade deshalb ist es halt eine so unsagbar ausgesprochen große Frechheit, dass man mit Knox dieselbe Leier abspult wie mit Kane zuvor. Man bookt ihn in eine Storyline, in der schon vorprogrammiert ist, dass sie keinem der Beteiligten weiterhelfen wird. Mike Knox ist das Monster mit der zarten Stimme und als eben jenes wäre er in der Lage dazu, die Midcard mal gehörig aufzumischen. Bei Kane ist eh Hopfen und Malz verloren – warum nicht ihn also als Aufbaugegner nehmen. Im Anschluss eine Fehde mit CM Punk und der Gewinn des Intercontinental Titles. Zwei, drei Verteidigungsfehden und schwupps hätte man mit Mike Knox einen interessanten, frischen Charakter mit diesem ganz eigenen Look, der sofort in der Lage wäre als Übergangsgegner einen Abstecher in den Main Event zu machen. Und mal ehrlich – im Ring mit John Cena lasse ich mal ganz offen, wer hier wen durch den Kampf ziehen müsste. Ich mag Mike Knox und ich will mehr von ihm sehen.


Schlechteste Gimmick
1. Rey Mysterio
2. John Cena
3. Shawn Michaels

Ja, wir sind mal wieder soweit. Der Krieg gegen Team Merchandise ist mal wieder eröffnet und da sich der erneute Hass gegen Rey Mysterio und John Cena relativ ähnlich begründen lässt, handele ich die beiden einfach mal in einem Absatz ab. Beide Charaktere krakeln bereits seit Monaten komplett ohne Persönlichkeit durch die WWE-Shows. Man erkennt keine Entwicklung an Ihnen, man empfängt keinerlei Leidenschaft. Beide haben es schon vor Monaten aufgegeben, ihre Storylines und Mitbestreiter in irgendeiner Form zu verkaufen. Dass Cena einer der miesesten Seller der Company ist, ist lange bekannt – Mysterio setzte mit seinen Storylines gegen Knox und Kane allerdings noch ganz neue Maßstäbe. Natürlich war es da mehr als Genugtuung, dass man Cena in weniger als 4 Minuten aus dem Elimination Chamber Match ausscheiden ließ – doch trotzdem scheint man ihn nun in ein World-Title-Match mit Edge für WrestleMania zu schreiben. Die einzige Resthoffnung, die ich besitze ist, dass die texanischen Fans ein Erlebnis daraus machen, in dem sie die Teilnehmer mal wieder entgegen ihrer offiziellen Gesinnung bejubeln und be…boohen.
Beiden Charakteren, sowohl Rey Mysterio als auch John Cena, fehlt einfach mal der Wandel. It’s time for a change – das liest man doch momentan überall in Amerika. Ein Heel-Turn, eine intensive – wirklich mal innovative – Fehde, ein krasser Gimmickwechsel. Beide sind doch nicht unsympathisch, nicht uncharismatisch und ja, ich geb’s zu, auch nicht gänzlich untalentiert. Aber momentan schaden sie dem Business gefühlt einfach mehr, als sie ihm durch ihre Merchandising-Verkäufe nützen. Es graut mir vor einem Rey Mysterio als Money-in-the-Bank-Sieger und einem John Cena im World Title Match bei WrestleMania und ich schreie auffordernd nach verdammten Maßnahmen.

Auch hier wieder ein Beispiel aus der Swagger’schen „Das war zwar Scheiße, aber mittlerweile ist ja wieder alles gut“-Kategorie. Die Fehde mit Shawn Michaels und JBL war gelungen, ja. Der Brückenschlag zur Undertaker-Story ebenfalls. Und das Resultat all dessen wird vermutlich nicht weniger als vollkommen historisch sein. Der Weg dorthin und vor Allem der Preis, den man für das alles zahlte, der war für meinen Geschmack jedoch einfach zu hoch. Shawn Michaels steht als gebrochener Mann im Ring – das funktioniert, zweifelsohne. Man denke an den Mann, der einst sein Lächeln verlor und, da bin ich mir bis heute sicher, echte Tränen vergoss. Ein winselndes Opfer der Wirtschaftskrise, dass sich verkauft an einen vier Klassen schlechteren Performer und damit seine eigene Legende über Monate hinweg weiter und weiter ruiniert – das funktioniert nicht. Wirklich nicht. Ich will gar nicht abstreiten, dass es in der Storyline seinen Zweck erfüllt hat, wirklich, das hat es, aber der Preis war einfach zu hoch. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, das alles auf „Geschehen“ zu setzen, die Vergangenheit abzuhaken und auf das epochale Legend-vs-Icon-Match zu warten. Und dann, da bin ich mir sicher, wird man den Heartbreak Kid so schnell in dieser Kategorie nicht mehr wiedersehen.

Abgesehen von den genannten Beispielen muss man WWE wirklich etwas selten Dagewesenes bescheinigen: Sie holen wirklich annähernd das Maximum aus fast jedem wichtigen Charakter heraus. Klar bleiben da teilweise Männer wie CM Punk, Big Show oder auch William Regal auf der Strecke – wenn parallel aber Chris Jericho, Jack Swagger, Triple H, Randy Orton, JBL, Christian und Edge den Job ihres Lebens machen, dann ist das verzeihlich. Alle Shows bekommen Punkte. Und zwar nicht einen, nicht zwei, sondern ganze 3 Punkte.


Wrestler des Monats

Und genau aus diesem Grund, gibt es momentan genau einen Mann, der im Februar einen so unglaublich guten Job gemacht hat, dass er für diese sensationelle Leistung einfach als einziger in dieser Rubrik gewürdigt werden muss. Ich hab keine Ahnung wie, durch wen oder durch was das bei Vince McMahon passiert ist – aber er scheint es ganz plötzlich kapiert zu haben. Und ich kann gar nicht genau sagen, was genau ich mit „es“ meine, aber wie durch Zauberhand läuft plötzlich nahezu alles komplett rund. Die PPV’s werden wieder zu Shows, die ihren Namen verdienen. Sie geben dem Fan das Gefühl, dass es sich lohnt, Geld dafür auszugeben ihn zu sehen, weil etwas passiert, was es im Free TV nicht so oft zu sehen gibt. Man überrascht, ohne dabei zu großes Chaos anzurichten. Man lässt sich Zeit, ohne dabei Langeweile aufkommen zu lassen. Man setzt Themen ins Rampenlicht, die lange vergessen geglaubt waren.

ECW:
- Christian kehrt zurück und verwandelt ECW in die Peep-Show. Alle Welt spricht von der C-Show.
- Tyson Kidd debütiert und beginnt ein Storyline mit Jamie Noble.
- Tommy Dreamer bekommt Air-Time und wird in einen langfristig angelegten letzten großen Run geschrieben. Er darf gewinnen!
- Paul Burchill bekommt eine Fehde mit einem etablierten Star und auch er gewinnt plötzlich wieder Matches!
RAW:
- Die Legacy formiert sich in einem spektakulären Prozess.
- Randy Orton dreht durch und ergattert seine Position als Top-Heel der Liga zurück.
- CM Punk wird Intercontinental Champion.
- Chris Jericho und eine Reihe von nostalgischen Gastauftritten bescheren uns Woche für Woche tolle Promos.
- JBL wird glaubhaft in ein World-Title-Match gebookt und erreicht in einer Fehde endlich wieder seine alte Kraft.
Smackdown:
- MVP ist wieder im Spiel.
- Es gibt eine Fehde voller interessanter Charaktere um den US Title.
- Es gibt eine Fehde zwischen den beiden besten Teams der Liga um den WWE Tag Team Title.
- Jeff Hardy schafft den Sprung in den Main Event und wird zur tragenden Säule des Brands.

Und das ist nur ein kleiner Auszug dessen, was in den letzten Wochen neben dem schon ausführlich weiter vorne rezensierten Geschehnissen alles passierte. Vince McMahon und sein Booking-Team machen derzeit einen sensationell guten Job und ich kann mich nicht zurückerinnern, wann ich mich in der Rolle als WWE-Fan mal durch alle drei Shows hinweg so unglaublich gut gefühlt habe, wie in den letzten vier Wochen. Aus diesem Grund gehen die kompletten 5 Punkte dieser Kategorie an Vince McMahon.


Matches und PPV-Tops
1. Shane McMahon v. Randy Orton / No Way Out
2. Smackdown Elimination Chamber / No Way Out
3. Christian vs. Jack Swagger / ECW on SciFi

Und als wäre das nicht schon Lob genug, verwöhnte man uns im Februar auch überdurchschnittlich oft mit wirklich guten Wrestling-Matches. Allen voran der No-Holds-Barred-Kampf zwischen dem Royal Rumble Sieger Randy Orton und der Welt besten Non-Wrestler Shane McMahon. Ich weiß nicht, wie Shane das macht, aber er ist einfach ein Genie. Die Fans lieben ihn, er spielt jede erdenkliche Rolle in Perfektion und liefert ausnahmslos jedes Mal eine uneingeschränkt respektable Leistung im Ring ab. So muss ein Chef sein. Das perfekte Vorbild – jemand der nicht fordert und beurteilt, sondern den Maßstab eigenhändig setzt. Ganz großes Tennis.

Keine 4 Minuten hat es gedauert, da war der WWE Champion ausgeschieden. So muss ein PPV beginnen, meine lieben Freunde. Es folgten schöne Brawl-Sequenzen, schöne Highspots und ein an Spannung kaum zu überbietendes Finale zwischen dem Undertaker und Triple H. Die erste Elimination Chamber der Geschichte überzeugte durch ihre Neuartigkeit und den Sieg des Heartbreak Kid Shawn Michaels – ohne diese beiden Boni würde ich mich aber ohne Weiteres darauf einlassen, die diesjährige Smackdown-Chamber als neue Referenz dieser Matchart auszurufen.

Keine 30 Minuten nach seinem offiziellen Comeback bewies Christian der Welt, dass der Hype um seine Person absolut berechtigt war. Jack Swagger und er legten einen Main Event auf’s Parkett, der die meisten ECW-Matches auf den PPV-Cards der Vergangenheit in den Schatten stellte. Und als sei das nicht genug, legten sie zwei Wochen später einfach noch einen drauf. Wenn es dieses Match auf die Card von WrestleMania 25 schafft, dann sollen sich doch Edge und Jeff Hardy rumprügeln mit wem sie wollen, dann will ich Swagger gegen Christian sehen und jede Sekunde davon genießen.

Ein Punkt für RAW und sein No Holds Barred Match. Ein Punkt für die Smackdown-Chamber. Ein Punkt für unser ECW Dreamteam und ein weiterer Punkt für Shane McMahon. Heute gehen die Punkte raus, wie die Zuschauerzahlen bei „The Next Uri Geller“.


Das Überflüssigste zum Schluss
1. DJ Gabriel
2. Vickie Guerrero, GM reloaded
3. Scotty Goldman

Es ist mir wirklich immer noch ein vollkommenes Rätsel, in welchem Vollrausch man auf die Idee kam, DJ Gabriel mit diesem Gimmick debütieren zu lassen und ihn dann auch noch in Siege gegen Männer wie Paul Burchill zu booken. Nachdem das Trauerspiel seiner Siegesserie nun ein Ende gefunden hat, hat Gabriel endgültig die Pole Position der Abschussliste erreicht. Es gibt keine Entschuldigung für DJ Gabriel. Keine.

Ich habe bereits zum Ausdruck gebracht, dass ich, sagen wir mal „kein großer Fan“ davon bin, dass man Edge und John Cena erneut gegeneinander fehden lassen will. Shawn Michaels‘ weinerliches Gimmick bezeichnete ich darüber hinaus als „zu hohen Preis“ für eine gute Storyline. Vickie Guerrero aber zusätzlich zu seiner Schreckensherrschaft bei Smackdown auch noch zum RAW-GM zu ernennen, ist ein absolut übertriebener Preis für etwas, dass ich sowieso nicht sehen will. Das wäre, als wenn ich dafür bezahlen würde, dass ich mir Ich & Ich, Pur oder Rosenstolz anhören muss. Moment…

Ich halte mich kurz und sage es mit den Worten von Scott Colton: „Goodbye Scotty Goldman. Welcome Back, Colt Cabana.“


Unterm Strich

Ja, unterm Strich muss man sagen, war der Februar ein ehr mittelmäßiger WWE-Monat. War nur Spaß. Der Februar war… Boah. Selten war eine Ausgabe dieser Kolumne euphorischer, aber auch selten bot mir World Wrestling Entertainment so wenig Vorlagen, um sie zu bashen – was ich eigentlich viel lieber tue, als diese überdimensionierten Lobeshymnen. Seht es als Huldigung, als Art Laudatio auf die größte Wrestlingshow der Geschichte. Es war halt ein „Best of“, Licht und Schatten, bei dem das Licht so hell leuchtete, dass der Schatten zwar da war, aber in Bedeutungslosigkeit verpuffte.

Nach Showpunkten ging der Februar 6:6:6:6 unentschieden an RAW, Smackdown, ECW und die McMahons.

WrestleMania kann kommen. In wenigen Tagen kickt sich Shawn Michaels endgültig in das Match mit dem Undertaker und die Lösung um das Rätsel zum Jericho-Gegner kann auch nicht mehr lange auf sich warten. Außerdem sind noch ordentlich viele Tickets für das MitB-Match zu ziehen und nebenbei ist auch noch die Black-Ice-Tour. Der März wird rocken. In jeder Hinsicht.

Viel Spaß dabei und wie immer natürlich eine gute Zeit!
Ben